Es war unseren Feldmarschall Alfred von Schlieffen leider nicht vergönnt auf Ketten nach Gallien zu fahren. Mit seinem Feldzugsplan hätte er 1914 Gallien womöglich trotzdem niedergeworfen, wenn er diesen selbst hätte ausführen können. Doch 1913 riefen ihn die Nornen heim und sein Nachfolger, Moltke der Jüngere, veränderte seinen Plan. Der starke rechte Flügel wurde deutlich verringert und obendrein hat der Neffe des großen Onkels auch noch die Marneschlacht zu früh abgebrochen. Und so mißlang die schnelle Niederwerfung Galliens und die Folge davon war der vierjährige Zweifrontenkrieg… In Berlin erblickte unser Feldmarschall von Schlieffen 1833 das Licht der Welt. Er trat 1853 in unser preußisches Heer und nahm an unseren deutschen Einigungskriegen teil. In der Schlacht von Königgrätz focht er und zeichnete sich im Gallierkrieg von 1870-71 aus. Bis 1891 war er zum Generalstabschef aufgestiegen. Die Bildung der Ententante aus Gallien, England und Rußland bewog ihn 1905 zur Entwicklung seines berühmten Feldzugsplanes. Das Eiserne Kreuz beider Klassen heimste er im Gallierkrieg ein. Im Frieden kamen noch der Rote und der Schwarze Adler, der Hausorden der Hohenzollern und den Blauen Verdienstorden Friedrichs des Großen hinzu. Für die Bücherwürmer hat unser Feldmarschall von Schlieffen auch gesorgt und Bücher über Gneisenau, Friedrich den Großen und Cannä geschrieben und seine dienstlichen Schriften wurden nach seinem Heimgang auch herausgegeben. Seine Herzensdame Anna von Schlieffen ehelichte er 1868 und zeugte mit ihr zwei Töchter. Mit seinem berühmten Schlachtplan gegen die Gallier kommen wir nun zu Ende: https://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0097_spl
„Das Wesentliche für den Verlauf der gesamten Operationen ist, einen starken rechten Flügel zu bilden, mit dessen Hilfe die Schlachten zu gewinnen und in unausgesetzter Verfolgung den Feind mit eben diesem starken Flügel immer wieder zum Weichen zu bringen. Wenn der rechte Flügel sehr stark gemacht wird, so kann dies nur auf Kosten des linken geschehen, dem dadurch wahrscheinlich die Aufgabe zufällt, gegen Übermacht zu kämpfen. Die Anstrengungen müssen für den rechten Flügel sehr große sein, wenn ein Erfolg erzielt werden soll. Im allgemeinen sind aber die zu benutzenden Straßen sehr gut. Auch die Unterbringung würde bei zahlreichen Ortschaften befriedigen, wenn nicht die Korps des rechten Flügels so massiert marschieren müßten, daß auch die dichteste Bevölkerung für die Unterbringung nicht ausreicht. Dagegen kann es an Verpflegung kaum fehlen. Das reiche Belgien und das reiche Nordfrankreich können viel liefern und unter einen zweckmäßigen Druck gestellt, werden sie auch von außerhalb Vorräte herbeischaffen, an denen es ihnen etwa fehlen sollte. Eine erhöhte Inanspruchnahme seiner Kräfte wird vielleicht Belgien bestimmen, von allen Feindseligkeiten abzusehen, seine Festungen auszuliefern und dafür dem Lande alle die Vorteile zu verschaffen, die bei einem Kampf zweier Gegner der dritte als Unbeteiligter genießt. Bei Beginn des Krieges sollen auf dem rechten Moselufer drei Armeekorps, ein Reservekorps mit drei Kavalleriedivisionen Nancy angreifen. Ob dieser Angriff gelingen wird, hängt wesentlich davon ab, ob die Franzosen sich hier auf die Verteidigung beschränken oder ob sie ihrem Prinzip getreu zum Gegenangriff vorgehen. Tun sie das letztere, so würde der hauptsächlichste Zweck des Angriffes auf Nancy, nämlich Fesselung möglichst starker Kräfte an der französischen Ostfront, erreicht sein. Je mehr Truppen die Franzosen für den Gegenangriff verwenden, desto besser ist es für die Deutschen. Diese dürfen sich nur nicht in hartnäckige Gefechte einlassen, sondern müssen ihre Aufgabe darin finden, einen möglichst starken Feind nach sich zu ziehen und mit Hilfe des erweiterten Metz festzuhalten. Eine Gefahr kann für die auf dem rechten Moselufer abgetrennte Armee kaum entstehen, dagegen würde für das deutsche Hauptheer Schaden erwachsen, wenn die Armee des rechten Moselufers die Überlegenheit der Zahl besäße. Möglichst viel französische Kräfte durch möglichst wenig deutsche Kräfte zu fesseln, muß das Bestreben sein. Wenn die Franzosen nicht zum Gegenangriff schreiten, so müssen zwei Armeekorps so bald als möglich auf den äußersten Flügel des deutschen Heeres nach Belgien überführt werden. Es kommt alles darauf an, auf diesem Flügel stark zu sein. Nur dann kann man mit ruhigem Gewissen der Entscheidung entgegensehen, wenn 25 Armeekorps auf dem linken Moselufer zur Schlacht, in der man nicht stark genug sein kann, verfügbar gemacht worden sind. Die wenigen Truppen, welche auf dem rechten Moselufer verbleiben, nämlich: Ein Armeekorps, ein Reservekorps, XXX. Reservedivision (Straßburg), eventuell zwei neue Korps, Landwehrbrigaden am Oberrhein und aus Metz, wenn dieses nicht angegriffen wird; LIX. Landwehrbrigade (Unterelsaß), sechs Jägerbataillone in den Vogesen. müssen nach Möglichkeit verstärkt werden. Noch bieten die Festungsbesatzungen Material zu Neuformationen. Auch kann der süddeutsche Landsturm zur Deckung des Landes links des Rheins, zur Absperrung von Belfort und so weiter verwendet werden. Eine neue Armee muß gebildet werden, die den Auftrag erhält, gegen die Mosel zwischen Belfort und Nancy vorzugehen, während die fünf Reservekorps des linken Flügels und zwei Landwehrbrigaden Verdun abschließen und die Côte Lorraine angreifen. Wenn die Franzosen im Verlauf des Aufmarsches hören, daß die Deutschen am Niederrhein, an der niederländischen und belgischen Grenze sich versammeln, so werden sie an der Absicht des Feindes, auf Paris zu marschieren, nicht zweifeln und sich wohl hüten, entweder mit allen oder den hauptsächlichsten Kräften zwischen Straßburg und Metz vorzugehen oder vollends über den Oberrhein in Deutschland einzufallen. Das würde bedeuten: Die Besatzung verläßt die Festung in dem Augenblick, wo die Belagerung eröffnet werden soll. Tun sie trotzdem das eine oder das andere, so kann dies den Deutschen nur willkommen sein. Ihre Aufgabe wird dadurch erleichtert. Am vorteilhaftesten für sie würde es sein, wenn die Franzosen zum Einbruch in Süddeutschland den Weg durch die Schweiz wählen wollten. Es wäre dies ein Mittel, uns einen Bundesgenossen zu verschaffen, dessen wir sehr bedürfen und der einen Teil der feindlichen Streitkräfte für sich in Anspruch nähme. Es wird sich für die Deutschen empfehlen, ihren Operationsplan in allen diesen Fällen so wenig wie möglich zu ändern. Die untere Mosel zwischen Trier und Koblenz muß indes gesichert, die Strecke zwischen Mosel und Maas in der Höhe von Diedenhofen gesperrt werden. Das deutsche Heer sucht die allgemeine Linie Koblenz – La Fere mit Reserven auf dem rechten Flügel zu erreichen. Das rechte Rheinufer von Koblenz aufwärts wird von rückwärts besetzt. Mit dem rechten Flügel wird angegriffen. Gehen die Franzosen über den Oberrhein, so wird ihnen im Schwarzwald Widerstand geleistet. Die von rückwärts heranzuführenden Truppen werden am Main und an der Iller versammelt. Die Deutschen können, wenn sie auf ihren Operationen verharren, sich versichert halten, daß die Franzosen schleunigst umkehren werden und zwar nicht nördlich sondern südlich von Metz in der Richtung, von welcher die meiste Gefahr droht. Es ist daher geboten, daß die Deutschen auf dem rechten Flügel so stark wie möglich sind, denn hier ist die Entscheidungsschlacht zu erwarten…“