Georg Büchner

„Kein deutschgeborener Fürst hat es je über sich vermocht, seinen Untertanen das Vaterland innerhalb der Berge oder Flüsse, wo er regierte, abzustecken, und dieselben zu betrachten als gebunden an die Erdscholle. Eine Wahrheit, die an einem Orte nicht laut werden durfte, durfte es an einem andern, an welchem vielleicht im Gegenteile diejenigen verboten waren, die dort erlaubt wurden; und so fand denn, bei manchen Einseitigkeiten und Engherzigkeiten der besondern Staaten, dennoch in Deutschland, dieses als ein Ganzes genommen, die höchste Freiheit der Erforschung und der Mitteilung statt, die jemals ein Volk besessen; und die höhere Bildung war und blieb allenthalben der Erfolg aus der Wechselwirkung der Bürger aller deutschen Staaten, und diese höhere Bildung kam denn in dieser Gestalt auch allmählich herab zum größern Volke, das somit immer fortfuhr sich selber durch sich selbst im Großen und Ganzen zu erziehen.“ (Gottlieb Fichte)

Dieses Glück war auch unserem Georg Büchner beschieden. Mit seiner Flugschrift „Der Hessische Landbote“ hätte er sich sonst wohl ins Verderben gestürzt. So aber fand er in Zürich eine Zuflucht vor dem Zorn der Fürsten. Ein Entkommen vor den Nornen gibt es freilich nicht und so durchtrennten ihm diese 1837 mit nur 24 Jahren den Lebensfaden. Zur Welt kam unser Dichter 1813 im hessischen Goddelau. Er besuchte die Schule in Darmstadt und studierte in Straßburg und Darmstadt die Heilkunde. Verlobt war er mit Wilhelmine Jaegle. Sein Werk besteht aus zwei Trauerspielen („Dantons Tod“, „Woyzeck“), einem Lustspiel („Leonce und Lena“) und einer Erzählung („Lenz“) sowie einigen Gedichten, kleineren Abhandlungen und zwei Übersetzungen von Victor Hugo („Lucretia Borgia“, „Maria Tudor“). Sein Gedicht „Von der Brandung“ lasse ich unseren Büchner von seinen Werken zum Besten geben: https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/buechner_werke_1879

„Augen von der Brandung verschlungen. Der Kapitän ließ nun die Yölle aussetzen, welche er mit drei Passagieren, vier Offizieren, sechs Matrosen und mir bestieg. Trotz der furchtbaren Wogen und der Brandung gelang es uns vom Schiffe zu stoßen, welches, da wir uns kaum eine halbe Seemeile davon entfernt hatten von einer ungeheuren Welle zertrümmert wurde und unter einem gräßlichen Schrei, der mir jetzt noch in den Ohren gällt, versanken fast 400 Menschen in den furchtbaren Abgrund. Trotz des wütenden Sturmes erreichten wir glücklich das Ufer. Auf den Knien und mit Freudetränen in den Augen dankten wir Gott für unsre wunderbare Rettung und verfielen hierauf in einen sanften Schlaf aus dem wir erst spät am Tage erwachten. Beim Erwachen fanden wir uns von einem Trupp neugieriger Chinesen umgeben, welche gerührt über unser trauriges Schicksal, das wir ihnen erzählten, uns zu unterstützen und nach Kanton zu schaffen versprachen. Wir folgten ihnen hierauf in ein nahgelegnes Dorf, wo sie uns trefflich bewirteten, und traten am folgenden Tage mit zweien von ihnen unsre Reise nach Kanton an, wo wir auch nach einigen Tagen wohlbehalten ankamen. Wir wurden von den Faktoren der Handelscompagnie sehr gut aufgenommen und aufs beste unterstützt. Die Matrosen nahmen auf andern Schiffen Dienste und der Kapitän, die Offiziere und ich mieteten uns auf einem andern Schiffe ein um nach England zurückzukehren und der Handelscompagnie Bericht über das traurige Schicksal des Schiffs abzustatten.

Nimm o bester der Väter mit willigem Geist dies Geschenk an,

Zwar ist es klein und gering; doch beweis‘ dir’s die dankbare Liebe,

Welche mein Herz für Dich hegt geliebtester Vater.

Möge Gott noch lang Dein teures Leben erhalten

Und Dich mit schützender Hand vor allem Unglück behüten.

Mög‘ er noch lange Dich im Kreise der Kinder und Freunde

Feiern lassen den Tag an dem die Welt Du erblicktest

Und durch die sorgende Hand der treuen Gattin und Kinder

Dir das Leben versüßen, für dessen Erhaltung ich flehe.

Gebadet in des Meeres blauer Flut

Erhebt aus purpurrotem Osten sich

Das prächtig-strahlende Gestirn des Tags;

Erweckt, gleich einem mächt’gen Zauberwort,

Das Leben der entschlafenen Natur,

Von der der Nebel wie ein Opferrauch

Empor zum unermeß’nen Äther steigt.

Der Berge Zinnen brennen in dem ersten Strahl

Von welchem, wie vom flammenden Altar

Der Rauch des finstren Waldgebirges wallt –

Und fernhin in des Ozean’s Fluten weicht

Die Nacht. So stieg auch uns ein schöner Tag

Vom Äther, der noch oft mit frohem Strahl

Im leichten Tanz der Horen grüßen mag

Den frohen Kreis, der den Allmächt’gen Heut

Mit lautem Danke preist, da gnädig er,

Uns wieder feiern läßt den schönen Tag,

Der uns die beste aller Mütter gab.

Auch Heute wieder in der üppigsten

Gesundheit, Jugend-Fülle steht sie froh

Im frohen Kreis der Kinder, denen sie

Voll zarter Mutterlieb‘ ihr Leben weiht.

Oh‘, stieg noch oft ihr holder Genius

An diesem schönen Tag zu uns herab

Ihn schmückend mit dem holden Blumenpaar

Der Kindesliebe und Zufriedenheit! –“

Franz Liszt

In Raiding im Burgenland wurde 1811 unser großer deutscher Tondichter Franz Liszt geboren. Wir Deutschen verdanken ihm über 700 Tondichtungen und besonders die Freunde der Klaviermusik kommen bei ihm auf ihre Kosten. Einige seiner Werke wollen wir Panzertiere euch heute vorstellen. Liszt Fuge zur Huldigung Bachs suche ich mir aus (auch auf die Gefahr hin, damit bei der Jungfer Dosenschreck mächtig Pluspunkte zu sammeln): https://www.youtube.com/watch?v=GulmwjIoITI Dazu lese ich ein Stückchen bei unserer Musikgelehrten Lina Ramann in „Franz Liszt als Künstler und Mensch“ weiter: http://www.zeno.org/Musik/M/Ramann,+Lina/Franz+Liszt

„bedeutsam der erste Baß im Gretchen-Satz – begleiteten Gedanken, der wie ein Sehnsuchtshauch sich der abermaligen Bratschenbegleitung unterfügt, während das unschuldsvolle Thema gleichmäßig sich fortsetzt. Dabei verrät es durch kleine chromatische und Vortragsveränderungen, daß die Knospe im geheimen Weben innerer Entwickelung sich regt. Nochmals erklingt der Fagottgedanke mit dem Baßschritt. Obwohl im Zwielichtklang der Instrumente, wird Melodie, Begleitung, Harmonie und Rhythmik ausdrucksvoller, ja erregt. Plötzlich bricht alles ab – nur fünf Takte: es spielen die Klarinette und die erste Violine die poetische Sternblumenepisode: „Er liebt mich – liebt mich nicht“, mit einander ab, erstere im Hintergrund süßen Flötenklangs, letztere verbunden mit der zweiten Violine – eine reizende kleine Tonmalerei, die einzige im Gretchensatz. Mit dem glücklichen: »Er liebt mich!“ beschließt eine abermalige Fermate die liebliche Scene, worauf das Gretchenthema in seinem süßen innocente, im Wohllaut durch eine breitere Instrumentation noch erhöht, von neuem eintritt – jetzt als Übergang zum zweiten Hauptthema Gretchens: Es zeigt sich, obwohl kontrastierend mit dem ersten, diesem an Einfachheit und Unschuld verwandt, trägt aber ein wärmer pulsierendes, zum Entzücken inniges Seelenleben in sich. Mit Harfenglanz, pathetisch, tritt Faust zu Gretchen in dem bereits bekannten Faustmotiv Ib. Mit ihm beginnt der Mittelsatz. Im Silberschleier des Mondenglanzes entspinnt sich ein Minnen und Werben, ein seelisches sich Ein- und Untertauchen, ein Liebesdialog von ebenso großer dichterischer Schönheit wie innerer Wahrheit. Musikalisch besitzt diese Szene nur ein Seitenstück: die Lenznacht in Wagners „Walküre“. Von psychologischer Tiefe ist besonders die innere Wandlung Fausts unter dem Hauch einer reinen Frauenseele. Scheinen hinter den zuckenden den, bebenden Bässen seines Eintretens in das Gretchenbild die auf Mephisto bezüglichen Worte zu klingen: „Er facht in meiner Brust ein wildes Feuer Nach jenem schönen Bild geschäftig an –“ so veredelt sich nun unter Gretchens Wesen das wilde Verlangen zu edler männlicher Schönheit, durchtränkt von dem göttlich-harmonischen Gefühl des Weltganzen, wie Goethes Dialog es unvergänglich schön ausdrückt, indem Fausts auf Gretchens Frage: „Glaubst Du an Gott?“ in dem Satze gipfelt: „Schau ich nicht Aug‘ in Auge Dir, Und drängt nicht alles Nach Haupt und Herzen Dir, Und weht in ewigen Geheimnis Unsichtbar, sichtbar neben Dir? Erfüll davon Dein Herz, so groß es ist, Und wenn Du ganz in dem Gefühle selig bist, Nenn es dann wie Du willst, Nenn’s Glück! Herz! Liebe! Gott! Ich habe keinen Namen Dafür! Gefühl ist alles.“ „Gefühl ist alles“ –, dieser musikalische Hinweis Goethes, der noch gleichsam gebannt ist in das Tonleben, entfaltet unter dem Hauch des Tongenies seine inneren Wunder der Liebe zu einer Stimmungseinheit und Seligkeit, die das Wort nur andeuten konnte. Das dritte Faust-Thema ist der Träger dieser Stimmung. Es hat seine übermäßige Spannung abgestreift; das jetzige harmonische und instrumentale Kolorit im zartesten Hauch tritt ein in die Szene. Wie aus tiefstem Born „ewigen Geheimnisses“ steigt die Cellomelodie empor; über sie wölben sich, klingende Kuppeln, dreifache Flötenarpeggien in Triolenbewegung, während die Harfe ihre Silberfäden nach oben zieht. – Auch die andern dem Gretchen-Satz verwobenen Faust-Themen und Motive – sämtliche mit Ausnahme des I. und V. Themas – verwandeln sich dem inneren Zustand Fausts entsprechend. Der eben berührten wunderbaren Stelle folgt wieder das erstgenannte Thema (Ib), aber jetzt im Charakter des vierten Faust-Themas im 7/4-Takt, das, hineingezogen in das „ewige Geheimnis“, hier seine Erfüllung findet, nicht mehr spricht, nur Seligkeit atmet. Aus dem durchlaufenen seelischen Prozeß geht Gretchen unschuldsvoll und rein im Herzen im gleichen holden Liebreiz hervor. Unverändert im Tempo – Andante soave –, auch in der Tonart, in As dur, erklingt wieder das erste, das zweite Gretchenthema wie vor Fausts Erscheinen, nur das Sternblumenorakel fällt weg. Dieser getreuen Wiederholung liegt der Gedanke zu Grunde, daß Gretchen ohne diese bewahrte Seelenreinheit unmöglich der Sühne und seelischen Errettung zum Symbol hätte dienen können. Und doch zeigt sich eine Veränderung! Die Themen tragen nicht mehr den hellen Schimmer eines ersten Maitages; im Wesentlichen sind sie dem Streichchor übergeben und ihr Kolorit reicher und seelischer, aber auch stimmungsbelegter. Nachklänge aus dem Mittelsatz mischen sich sehnsuchtsvoll und zärtlich dazwischen, doch mehr in Herzensdemut und erschauernd in Andacht. So schließt der Gretchen-Satz. Der dritte Satz. – Mephisto ist hier nicht der Schalk, wie Goethe ihn zeichnet. Bei Liszt ist er das Prinzip des Bösen ohne Kappe – das personifizierte offene Prinzip der Zerstörung in der spitzigsten und zerreibendsten Form des Witzes: in der Frechheit der dämonischen Ironie. In der Instrumentalmusik nimmt diese Geistesform zum ersten Mal eine Gestalt an, die nicht als sporadisches Streiflicht einzelne Punkte oder Strecken eines Charakterbildes beleuchtet – nein, die in sich gefestigt, Form gewordene Idee, dieses Charakterbild selbst ist. Sie berührt darum wie die Entdeckung einer bis dahin ungekannten Geistesmine, welche nicht allein Entdeckung ist, sondern auch zugleich alle Mittel und Werkzeuge der Logik in sich trägt, die Schätze dieser Mine an das Licht zu fördern und zu gestalten…“

Karl der Hammer, unser Retter des Abendlandes

„Und doch tritt mit ihm die Idee des arabischen Staates hell ans Licht. Erst aus der diokletianischen Gründung und der etwas älteren und in jeder Hinsicht für diese vorbildlichen des Sassanidenreiches läßt sich das Ideal ahnen, das hier zur Entfaltung hätte kommen sollen. Und so war es überall. Man hat bis zum heutigen Tage als letzte Schöpfungen der Antike bewundert, was sich selbst nicht anders aufgefaßt wissen wollte: Das Denken Plotins und Marc Aurels, die Kulte der Isis, des Mithras, des Sonnengottes, die diophantische Mathematik und endlich die gesamte Kunst, welche von der Ostgrenze des Imperium Romanum herüberstrahlte und in Antiochia und Alexandria nur Stützpunkte fand. Dies allein erklärt die ungeheure Vehemenz, mit welcher die durch den Islam auch künstlerisch endlich befreite und entfesselte arabische Kultur sich auf alle Länder warf, die ihr seit Jahrhunderten innerlich zugehörten, das Zeichen einer Seele, die fühlt, daß sie keine Zeit zu verlieren hat, die voller Angst die ersten Spuren des Alters bemerkt, bevor sie eine Jugend hatte. Diese Befreiung des magischen Menschentums ist ohnegleichen. Syrien wird 634 erobert, man möchte sagen erlöst; Damaskus fällt 635, Ktesiphon 637. 641 wird Ägypten und Indien erreicht, 647 Karthago, 676 Samarkand, 710 Spanien; 732 stehen die Araber vor Paris. So drängt sich hier in der Hast weniger Jahre die ganze Summe ausgesparter Leidenschaft, verspäteter Schöpfungen, zurückgehaltener Taten zusammen, mit denen andre Kulturen, langsam aufsteigend, die Geschichte von Jahrhunderten füllen konnten. Die Kreuzfahrer vor Jerusalem, die Hohenstaufen in Sizilien, die Hansa in der Ostsee, die Ordensritter im slawischen Osten, die Spanier in Amerika, die Portugiesen in Ostindien, das Reich Karls V., in dem die Sonne nicht unterging, die Anfänge der englischen Kolonialmacht unter Cromwell – das alles sammelt sich in der einen Entladung, welche die Araber nach Spanien, Frankreich, Indien und Turkestan führte.“

Lesen wir bei Oswald Spengler und daran kann man erkennen, was für ein gemeines Bein unser Karl der Hammer 732 den Arabern bei Tours und Poitiers gestellt hat. Leider fehlte den Franken damals die Kraft, um einen umfassenden Gegenangriff ins Werk zu setzen. Erst Karl der Große vermochte die spanische Mark zu gründen. Die Entsendung eines Afrikakorps konnte sogar erst Kaiser Karl V. in Angriff nehmen. Unser Karl der Hammer hat das alles freilich nicht mehr erlebt, sondern ist heute heimgegangen und 741. Neben der Abwehr der Araber setzte Karl der Hammer die Einigung unserer deutschen Stämme – im Bismarckschen Sinne – mit Blut und Eisen fort… Unser Geschichtsschreiber Theodor Breysig kommt in den Jahrbüchern des fränkischen Reiches nun auf die familiären Verhältnisse Karls des Hammers zu sprechen: https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10800605_00001.html

„Außerdem übergab Gregor dem neuen Bischofe eine Sammlung Kanones, wie sie aus den Beschlüssen der Bischöfe in Synoden und Konzilien hervorgegangen waren, und befahl ihm, sie zur Richtschnur bei der« Bekehrung der Geistlichen und der Laien zu nehmend. Die Genauigkeit, mit welcher Bonifaz die Hauptbestimmung des Eides, die Einheit in dem Glauben und der Kirchenzucht nach den Grundsätzen des römischen Bischofs bei seiner Bekehrung festhielt, der stete und lebendige Verkehr zwischen ihm und Rom haben es bewirkt, daß diese Eidesleistung für die Richtung, in der sich die Kirche unter den deutschen Völkern entwickelte, den bedeutendsten Wendepunkt bildete! mit der Beseitigung der heidnischen und der von der römischen Kirche abweichenden Religionsansichten und kirchlichen Gesetze wurden die deutschen Nationen der allgemeinen christlichen Kirche, die über die Grenzen der Nationalität hinaus ihren geistigen Mittelpunkt in Rom hatte, angeschlossen. Der Papst selbst ließ nichts von seinem Einflusse unbenutzt, um Bonifaz für sein Unternehmen die Wege zu ebnen; deshalb gab er ihm auch sogleich, wenigstens im Dezember 722, sechs Briefe an alle die Personen mit, welche ihm in seinem Bekehrungswerke förderlich sein konnten. Aus den Gesprächen mit Bonifaz über seine Bekehrungen, die zuletzt in dem heidnischen Friesland äußerst zahlreich gewesen waren, mußte Gregor die einflußreiche Stellung des Herzogs Karl in dem merowingischen Reiche und besonders dessen Tätigkeit für die Ausbreitung des Christentums erkannt haben, denn er wandte sich mit einem Briefe an Karl, in welchen er, eben weil er erfahren habe, daß der Majordomus bei vielen Veranlassungen den Beweis eines frommen Sinnes gegeben, ihm Bonifaz auf das angelegentlichste empfiehlt. Der Papst teilt dem Herzoge mit, daß er Bonifaz, nachdem er seinen Glauben und Wandel geprüft habe, zum Bischof geweiht und mit den Anordnungen des heiligen apostolischen Stuhles bekannt gemacht hätte, daß er ihn zur Verkündigung des Wortes Gottes zu deutschen Völkern, und zwar verschiedenen, die auf dem östlichen Rheinufer wohnen, entsende, sowohl solchen, die noch im heidnischen Irrtum sich befänden, als auch denen, die durch die Dunkelheit der Unwissenheit sich hätten fesseln lassen. Gregor bittet Karl, er möge den von ihm gesendeten Glaubensboten zu dem an gegebenen Zwecke in allen Angelegenheiten unterstützen und gegen alle seine Widersacher verteidigen. Karl hatte im Jahre 722, das durch seine Fruchtbarkeit sich so auszeichnete, daß die Chronisten ihrer Erwähnung tun, keine Unternehmungen gemacht, welche den damaligen Geschichtsschreibern der Erwähnung Wert erschienen; Annalen, die sich auf eine Quelle, die aus Alamannien stammt, zurückführen lassen, erwähnen nur im all gemeinen, daß Kriege gegen Norden stattgefunden habend. Es können damit nur kriegerische Unternehmungen gegen Sachsen von Thüringen ans gemeint sein, da bei dem Schweigen der belgischen Annalen auf Friesland diese Angaben schwerlich bezogen werden können. Die Thüringer selbst aber waren der Herrschaft Karls schon damals untertan, da sich ihr letzter Herzog Hedan II. an ihn angeschlossen und ihn im Kampfe unterstützt hatte. Nach dessen und seines Sohnes Thuring Tode in der Schlacht bei Vincy 717 regierten nur Grafen, welche die Gewalt der Merowinger und Karls sicherlich anerkannten; denn nie wird gegen sie ein Kriegszug der Franken erwähnt, wenn auch seit der Erhebung Herzogs Radulfs im Jahre 640 die Herzoge in loserer Abhängigkeit wie früher zu den Merowingern gestanden habend. Im Jahre 723 geht wenigstens mit der Erlaubnis Karls Bonifaz zu den von ihm schon vorher besuchten Gebieten Hessens, dann zu den Thüringern. Im Juli 722 hielt sich Karl in Zülpich auf, wo er in einer Gerichtssitzung in Gegenwart der Bischöfe Ebbo, Halduinus und Milo, vieler Grafen und vornehmer Männer, dem Abt von Sankt Wandrille Benignus am 19. April die villa Montecsllas gegen die Ansprüche eines Grafen Berthar zusprach. Über seine sonstige Tätigkeit in diesem Jahre ist keine Notiz auf uns gekommen; ebenso wenig geben uns die wenigen Nachrichten aus dem Jahre 723 Licht über die Verhältnisse Karls und des fränkischen Reiches in dieser Zeit, obgleich sie eine Andeutung über Familienkämpfe enthalten. Von den Enkeln Plektruds nämlich war nur einer, Hugo, Sohn des im Jahre 708 gestorbenen Herzogs Drogo, auf die Seite Karls getreten; er war dafür in sehr einflußreiche kirchliche Ämter gelangt: er war Bischof von Paris, Rouen und Bayeux; im Jahre 723 erhielt er nach dem Tode des Abtes Benignus (er stirbt den 20. März) auch die Leitung der sehr reichen Abtei Sankt Wandrille, von der wieder das Kloster Floriaeum (Fleury) im Gau Belinocassino (le Vexin an der Seine) abhängig war; außerdem war Hugo Abt von Gemeticum (Jümieges). Durch die Abstammung aus dem Geschlechte Pippins, durch seine Verwandtschaft mit den vornehmsten Familien Neustriens, der des Waratto und Berchar, durch seine kirchlichen Würden und seine an erkannte Kenntnis in den geistlichen Wissenschaften war Hugo eine treffliche Stütze der Macht Karls in Neustriens) Er blieb auch bis zu seinem Tode im Jahre 730 in dieser einflußreichen Stellung. Von den übrigen Enkeln Plektrudes war noch Theudald, der natürliche Sohn Grimoalds, der als Kind schon Majordomus in Neustrien geworden, aber im Jahre 715 vertrieben aus dem Kampfe im foret de Cuise entkommen war, in Verbindung mit Karl; es scheint, da er am 1. Januar 722 unter jene oben erwähnte Schenkung Karls an den Utrechter Bischofssitz nebst dem ältesten Sohn Karls, Karlmann, auch sein Siegel gedrückt hat, daß er in der Familie Karls aufwuchs, denn er zählte 722 erst ungefähr 16 Jahre…“

Die Völkerschlacht bei Leipzig oder die zweite Auferstehung unseres deutschen Volkes von den Toten

Die berühmte dreitägige Völkerschlacht bei Leipzig fand heute ihr Ende. Blücher und Schwarzenberg führten in dieser Schlacht 1813 unsere Preußen und Österreicher zum Sieg über Napoleons Gallier. Man muß hier aber durchaus sagen, daß dieser mit 160,000 Mann gegen die 280,000 Preußen, Österreicher und Schweden deutlich in der Unterzahl gewesen ist. Und mehr noch: Im Jahr zuvor hatte Napoleon seine Kerntruppen in Rußland aufgerieben (das Nachschubwesen gehörte nun wirklich nicht zu seinen starken Seiten) und seinen neuen Truppen verfügten nicht mehr über die Kampfkraft und Kriegserfahrung wie seine Veteranen. Daher steckte Napoleon schon vor der Völkerschlacht ganz schön in der Klemme. Wie sehr sagt uns unser Clausewitz: https://archive.org/details/bub_gb_nMFBAAAAcAAJ

„Der Feind folgte im Zentrum wenig oder gar nicht. Auch in dieser Schlacht hatte der Feind kein einziges Geschütz erobert und wenig oder gar keine Gefangene gemacht. Und wenn er diesmal die Alliierten aus einem Teil ihrer Stellung wirklich verdrängt hatte, so war es mit so großen Opfern an Menschen geschehen, daß man ohne Übertreibung seinen Verlust auf das Doppelte des unsrigen annehmen kann, da die alliierte Armee höchstens 12- bis 15,000 Tote und Blessierte hatte, während der Feind, wie schon gesagt, allein 18,000 Blessierte nach Dresden abführen ließ. – Solche Siege sind es gewiß nicht, auf welche der Kaiser Napoleon gerechnet hat. Er ist gewohnt gewesen seinem Gegner mit verhältnismäßig geringem Verlust entscheidende Niederlagen beizubringen, um dadurch einen schnellen, übereilten Frieden abzubringen. So fordert es die Natur seiner ganzen Lage als Eroberer. Jetzt aber, nachdem er in Rußland das unerhörte Unglück erlebt hat und dadurch in eine größere Bedrängnis gekommen ist als je, jetzt war es ihm doppelt und dreifach Bedürfnis, durch glänzende Siege die erwachten Hoffnungen Europas niederzudonnern und die sich rüstenden neuen Feinde zurückzuschrecken. Offenbar ist dies nicht geschehen. Er muß sich hier mit halben Vorteilen begnügen, die dem Strome, der gegen ihn gerichtet ist, nur einen schwachen Damm entgegenstellen, während hinter ihm neues Verderben über seine Macht und seine Pläne einbricht und Lord Wellington als Sieger von Vitoria an der französischen Grenze steht. Wir haben also keine Ursache, uns über unsere Lage zu beklagen, und dürfen überzeugt sein, daß Beharrlichkeit, Ordnung, Mut und Vertrauen uns zu unserm Ziel führen werden trotz der zeitigen Vorteile, mit welchen sich der Feind über uns voreilig brüstet und die ihm keine gereiften Früchte tragen werden.“

Gekostet hat die Völkerschlacht bei Leipzig den Napoleon übrigens 90,000 Mann an Toten, Gefangenen und Verwundeten und dazu hat er mindestens 200 Geschütze, 700 Munitionswagen und 60,000 Gewehre verloren – so viel haben wir nämlich bei Leipzig erbeutet. Mit kaum 60,000 Kriegsknechten kam Napoleon am Rhein an. Am ersten Tag wähnte er sich aber noch siegreich, bis – wie später bei Belle-Alliance – unser Feldmarschall von Blücher mit seinen Preußen anrückte; wie uns unser Geschichtsschreiber Heinrich Wuttke („Die Völkerschlacht bei Leipzig“) verrät: https://archive.org/details/dievlkerschlach00viegoog

„Schon war die Wucht des Reiterangriffs gebrochen. Murat, nicht achtend, daß die wenigsten seiner Reiter ein ebenso gutes Pferd hatten, wie er selbst, war allzu hastig geritten. Die Züge wurden davon bald ungleich. Über einen nicht ebenen und dazu aufgeweichten Boden, mitunter über Gräben und an Buschwerk vorüber ging der brausende Ritt. Pferde stürzten: die Ordnung war gestört. Dazu der Kampf und die Kartätschenladungen, welche aus dem Hintergrunde die Verbündeten auf die Reitermasse gaben. Die Verwirrung war da. Ihre Glieder lichteten sich, und die Gestürzten hemmten den Lauf der Nach reitenden. Immer mehr auseinander und durcheinander gerieten die Franzosen. Der Fall der Heerführers Latour-Maubourg, dem eine Kanonenkugel das Bein zerschmetterte, hatte ein Stocken zur Folge. Ausgesetzt den vielen wütenden Anfällen der Verbündeten, lösten sich die französischen Reiterreihen immer mehr. Bordesoulles, der die Spitze befehligte, schlug noch die ersten Anpralle ab, dann geriet er ins Weichen, als er ununterstützt gelassen ward in diesem verhängnisschweren Augenblick. Endlich waren seine Reiter zu seinen Geschützen zurückgeworfen, und diese feuerten auf den wirren Knäuel. Zu spät rückte frisches Kriegsvolk der Franzosen vor. Die siegenden Reiter der Verbündeten konnten zwar die Franzosen nicht weiter verfolgen, aber die schlesischen Panzerreiter des Obersten Hake standen in geschlossener Masse, den Degen zum Stich ausgelegt, zusammen: jene wagten keinen neuen Angriff. Jetzt aber kamen 80 russische Geschütze, der Rückhalt, vorgefahren. Von neuem begann ein fürchterlicher Geschützdonner. In Schwärme auf gelöst, jagten die Franzosen gen Meusdorf zurück. Gerettet war die Mitte der Verbündeten! Hier auf Gossa zu kam das Fußvolk des russischen Rückhalts heran, dort zur Linken bei Kröbern das österreichische, und zu derselben Zeit, wo der Reiterstoß vor sich ging, wurde auf dem rechten Flügel der Verbündeten das Niederholz vom schlesischen Fußvolk wiederum erstritten. Schwarzenberg ritt an der wiederhergestellten Schlachtlinie hinauf. Um eben diese Zeit war die Siegesnachricht in Leipzig verbreitet. Schon am Mittage hieß es in Leipzig, die Verbündeten seien vollständig geschlagen, ihrer 40,000 gefangen. Die französische Garde marschierte auf und schrie in die Luft ihr Hoch auf den Kaiser; auch die Bürgergarde und des sächsischen Königs Leibgrenadiergarde paradierten; vor der Wohnung des Königs von Sachsen spielte rauschende Janitscharenmusik – während draußen die Geschütze Tod und Verderben spien. In Haufen kamen Verwundete in die Stadt, und von ihnen vernahmen wohl die Bürger: „die Kosaken hätten noch immer dieselbe Stellung.“ Da sprengte der von Napoleon an den König von Sachsen abgeschickte Bote in die Stadt , mit einem wehenden weißen Tuche und beständig rufend: „Viotoire! Viotoire!“ Die gedrückte Stimmung der Franzosen, die auf dem Marktplatze standen, verschwand; sie waren neu belebt im Siegesrausche. Den Lärm durchdringend scholl ihr Freudengeschrei. Gepreßten Herzens schlichen die Vaterlandsfreunde in ihre Häuser, ihre Trauer zu verbergen. Geschehen war es um Deutschland! Es schlugen von den Türmen die Uhren vier, gleich darauf lauteten alle Glocken Leipzigs „Sieg“. Und eben, als dies Glockengeläut angefangen hatte, hörte man auf einmal, ganz nahe der Stadt, von Norden her das furchtbare Brüllen der Geschütze, und von den Türmen sah man das Blüchersche Heer im Anmarsch, Yorks Kampf um Möckern. Da ward eine Doppelschlacht geschlagen. Die nördliche Seite zu schützen hatte Napoleon, wie wir wissen, die Marschälle Marmont Herzog von Ragusa und Ney Herzog von Moskwa ausersehen. Marmont hatte 20,000 Mann unter seinem Befehle, Ney vielleicht 36,000. Ihre Aufgabe war, die Stadt Leipzig im Besitze der Franzosen zu bewahren, die Straßen von Eilenburg und Düben, auf denen noch Kriegsvolk und Heergerät sich befand, sicherzustellen und den Feind nicht in die Seite und den Rücken der französischen Hauptaufstellung kommen zu lassen. Insoweit ihre Kräfte frei blieben, sollten sie den auf der Südseite kämpfenden Franzosen beispringen. Marmont hatte am 15ten eine vorteilhafte Stellung zwei Stunden vor Leipzig zwischen Wahren und Lindenthal (oder Linkel), also gegen Halle hin, gelichtet, eingenommen und noch am 15ten Erdaufwürfe zum besseren Schutze machen lassen. Seine Soldaten lehnten sich links bei Wahren an die Niederung, ihre rechte Seite deckte neben Lindenthal ein weit vor sich streckender Tannenwald, den sie besetzt hielten, und von dem aus sie noch nach Radefeld vorgeschoben waren, wo die Straße von Landsberg und Zörbig vorbeigeht. Neys Volk stand weiter zurück bei Eutritzsch und von da ostwärts in Mockau und in Plösen, vor sich die Straßen von Düben und Eilenburg. Um acht Uhr empfing Marmont Napoleons Befehl, auf das südliche Schlachtfeld hinüberzukommen; die Deckung Leipzigs gen Norden fiel hiernach dem Marschall Ney zu. Marmont erschrak, denn er sah, der Kaiser täuschte sich übe die Lage, aber gehorchte. Eine Stunde später mußte von Eutritzsch Bertrand aufbrechen, damit er Lindenau halte. Außerdem schickte Ney zwei Heerhaufen über Schönefeld nach dem Liebertwolkwitzer Schlachtfelde; später, als das schleiche Heer hart zusetzte, wollte er diese zurückhaben und rief sie wieder, an sich, noch ehe sie den südlichen Kampfplatz erreicht hatten; sie langten bei ihm nicht mehr zur rechten Zeit an, kamen weder dort noch hier in Wirksamkeit, verloren also die kostbaren Stunden in einem unnützen Hin- und Hermarsch. Die verwendbare Streitkraft im Norden ward dadurch bedeutend geschwächt…“

Carl Röchling

Nicht nur große Dichter und gute Geschichtsschreiber braucht man als Feldherr, um seinen Ruhm verewigen zu lassen, sondern auch vortreffliche Schlachtenmaler sollte man heranziehen. Denn die meisten der Lichtbilder sehen denkbar langweilig aus. Eine Rauchsäule in großer Entfernung ist da schon viel. Ein tüchtiger Schlachtenmaler aber vermag das Geschehen einer Schlacht auf die Leinwand zu zaubern. Den Beweis dafür erbringen die Werke von unserem großen deutschen Maler Carl Röchling, der die Schlachten Friedrichs des Großen, unserer deutschen Befreiungskriege und das Gallierkrieges von 1870-71 zum Leben erweckt hat. Dazu gibt es noch dieses und jenes andere Werk und so fehlt es uns Panzertieren nicht an Stoff für unsere heutige Werkschau. Diese veranstalten wir natürlich am Geburtstag unseres alten Meistern. In Saarbrücken wurde unser Röchling 1855 geboren. Seine Malerausbildung erhielt er von 1875 bis 1880 an der Kunstschule in Karlsruhe und vollendete seine Lehre in Berlin bei Anton von Werner.

Kaiser Friedrich der Vierte

Kurz zwar nur regierte unser alter deutscher Kaiser Friedrich der Vierte im Jahre 1888, doch trug er als Heerführer nicht unwesentlich dazu bei, daß sein Vater Wilhelm der Große 1866 die deutsche Kaiserkrone erringen und 1870-71 den gallischen Erbfeind niederwerfen konnte. Eine kleine Panzergedenkfeier anläßlich seines heutigen Geburtstages ist also Pflicht. Im brandenburgischen Potsdam wurde er 1831 geboren und schien die liberalen Neigungen seiner Mutter Augusta von Weimar geerbt zu haben. Weshalb es 1863 zum Streit mit seinem Vater kam, der unseren Eisernen Reichskanzler Otto von Bismarck zu seinem Ministerpräsidenten berufen hatte und mit diesem gegen die liberale Landtagsmehrheit regierte. Ohne diese Fehde hätte womöglich unser Kaiser Friedrich der Vierte 1864 die Düppeler Schanzen anstelle seines Vetters Friedrich Karls erstürmt. Im Jahre 1866 war der Hausfrieden bei den Hohenzollern wieder so weit hergestellt, daß er den Oberbefehl über unsere II. preußische Armee erhielt. Diese sollte unserem österreichischen Heer in die Flanke fallen und damit die Schlacht entscheiden. Der Streich gelang und so schien nichts mehr der Erneuerung unseres deutschen Kaisertums im Wege zu stehen. Die Eitelkeit der Gallier war allerdings verletzt und so wollten diese 1870 Rache für Sadowa nehmen. Stattdessen aber nahmen wir Deutschen gründlich Rache für die zahlreichen Angriffe der Gallier seit dem Sechzehnten Jahrhundert. Mit seiner III. Armee hatte unser Kaiser Friedrich der Vierte keinen geringen Anteil. Bei Weißenburg und Wörth zerschlug er die gallische Elsaßarmee und wirkte anschließend an der Entscheidungsschlacht von Sedan mit. Es folgte die Belagerung der gallischen Hauptstadt Paris, bei der sich unser Kaiser Friedrich der Vierte wiederum auszeichnete. Seinen Marschallstab hat er sich also wahrhaft verdient und diesen nicht als Kronprinz geschenkt bekommen. Sonst verlief seine Zeit als Kronprinz ohne besondere Vorkommnisse, wenn auch die Liberalen große Hoffnungen auf unseren Kaiser Friedrich den Vierten setzen. Doch feierte man auch Friedrich den Großen als philosophischen Friedensfürsten, bevor er den preußischen Thron bestieg… Geheiratet hat unser Kaiser Friedrich der Vierte 1858 Viktoria von England, mit der er acht Kinder zeugte. Bei unserem Geschichtsschreiber Bernhard Rogge („Friedrich der Dritte. Deutscher Kaiser und König von Preußen“) bricht unser Kaiser Friedrich der Vierte nun mit seiner III. Armee in den Gallierkrieg auf:

„König Wilhelm verließ sofort Ems und eilte nach Berlin, um sich an die Spitze seines Heeres zu stellen. Die Reise dorthin glich einem Triumphzuge; überall jubelte man dem König zu, der so entschlossen Preußens und Deutschlands Ehre wahrte. Der Kronprinz fuhr seinem Vater bis Brandenburg entgegen; in tiefer Bewegung umarmte der König schweigend den Sohn, aber beide empfanden die Bedeutung dieser inhaltschweren Stunde, beide wußten, daß es nun galt, die Aufgabe zu lösen, die Preußen in Deutschland zugefallen war, oder schmachvoll unterzugehen. An allen Beratungen, die nun folgten, um die Maßregeln zu treffen, die zur Abwehr des so mutwilligen und frevelhaften Angriffs nötig schienen, nahm der Kronprinz den unmittelbarsten und regsten Anteil, und wiederholt sah man ihn noch in später Nachtstunde aus dem Palais des Königs kommen. Bevor er jedoch ins Feld hinauszog, hatte er wieder, wie im Jahre 1866, noch eine ernste aber freudige häusliche Pflicht zu erfüllen. Die am 14. Juni ihm geborene Prinzessin wurde am 24. Juli im Neuen Palais getauft und erhielt die Namen Sophie, Dorothea, Ulrike, Alice; das Tauffest, das dem Ernst der Lage entsprechend auf einen engeren Kreis beschränkt blieb, gestaltete sich von selbst zu einer wehmütigen Abschiedsfeier. Waren doch unter den anwesenden männlichen Taufzeugen und Gästen vom königlichen Großvater, der die junge Prinzessin über die Taufe hielt, bis zu den im Gefolge der fürstlichen Gäste befindlichen Herren nur wenige, die nicht mit ins Feld hinausziehen mußten. Tags darauf verließ der Kronprinz die friedliche Sommerresidenz bei Sanssouci, um am 26. Juli zur Übernahme des ihm anvertrauten Kommandos der dritten Armee zunächst nach München abzureisen. Es war eine überaus glückliche Wahl, welche den Kronprinz an die Spitze derjenigen Armee berief, deren Hauptbestandteile die Truppen der süddeutschen Staaten bildeten und die darum auch nur schlecht weg die süddeutsche genannt wurde, wenngleich derselben außer den beiden bayrischen Armeekorps, der württembergischen und badischen Division noch drei preußische Armeekorps, nämlich das V., VI. und XI., angehörten. Die ersten beiden dieser preußischen Korps hatten schon im Jahr 1866 der kronprinzlichen Armee angehört, und schon damals hatten die Soldaten in Schlesien und Böhmen das Lied gesungen: „Unser Kronprinz, der heißt Fritze.“ Seit dem Siege von Königgrätz, zu dessen Entscheidung sein Eingreifen so wesentlich beigetragen hatte, war sein Name von zauberhaftem Klang, und auch in Bayern, Schwaben und am Oberrhein sollte er fortan „Unser Fritz“ heißen. Durch das ihm anvertraute Oberkommando über die süddeutschen Truppen wurde er vom ersten Augenblicke des Krieges an im Feldlager der Träger und Vertreter des deutschen Einheitsgedankens. In München wartete seiner der begeistertste Empfang, nachdem er schon aus seinem Wege durch Bayern allerorten von lautem Jubel begrüßt worden war. Als er sich den in Ingolstadt versammelten süddeutschen Offizieren als den Höchstkommandierenden der bayrischen Armee vorstellte, redete er dieselben mit den Worten an: „Ich kann Ihnen nicht genug sagen, wie hoch ich mich geehrt fühle, daß Ihr König mir seine Armee anvertraut hat! Verhehlen wir uns nicht, daß wir einem schweren Kampfe entgegengehen, aber die allgemeine Begeisterung, die uns aus allen Gauen Deutschlands entgegenkommt, läßt mich hoffen, daß es mit Gottes Hilfe ein sieggekrönter Kampf sein wird, der uns zu einem endlichen, das deutsche Vaterland beglückenden Frieden führen wird! Verlassen wir uns also auf unser gutes Recht und unser Schwert.“ In Stuttgart und Karlsruhe wiederholte sich derselbe jubelnde Empfang wie in München, und je mehr sich der Kronprinz der französischen Grenze näherte, desto freudiger wurde er von der Bevölkerung Süddeutschlands, in welcher die Erinnerungen an die Verwüstungen dieser Lande durch französische Horden noch fortlebten, als der Retter in der Not begrüßt. Mußten doch Baden und die Pfalz darauf gefaßt sein, daß über sie zuerst die Kriegsfurie hereinbrechen werde, wenn es dem Feinde gelang an der langgestreckten Linie des Rheines durchzubrechen. Um so mehr atmete alles auf, als der Kronprinz am 30. Juli mit einem glänzenden Gefolge von bayrischen, württembergischen, badischen und preußischen Offizieren in der alten Kaiserstadt Speyer seinen Einzug hielt, um hier für die nächsten Tage sein Hauptquartier aufzuschlagen. Noch an demselben Tage besuchte er die zwei Meilen entfernte Festung Germersheim und verweilte auf dein Rückwege von dort längere Zeit in dem Lager der Bayern, unter denen nur eine Stimme der Bewunderung und des Entzückens herrschte über die herablassende Leutseligkeit und Freundlichkeit ihres Führers, der es nicht verschmähte, auch den gemeinen Soldaten scherzend anzureden und nach seiner Heimat und den Verhältnissen, die er dort zurückgelassen, auszufragen. Während des viertägigen Aufenthaltes in Speyer badete er täglich im Rhein in einer öffentlichen Schwimmanstalt, und auch hier knüpfte er mit den Mitbadenden in zwanglosester Weise wiederholt eine Unterhaltung an. So sagte er zu einem Unteroffizier: „Heut‘ baden wir miteinander – übermorgen schlagen wir miteinander.“ Als einzelne in der Badeanstalt anwesende Knaben, durch die Freundlichkeit des Prinzen ermutigt, aus ihrem Schwimmbassin in das benachbarte des Kronprinzen hinüber zu klettern wagten, verwies ihnen der Schwimmmeister mit derben Worten ihre Dreistigkeit und suchte sie zurückzujagen. Da rief ihm der Kronprinz abwehrend zu: „Lassen Sie doch den Jungen ihr Vergnügen! Ich habe es gern, wenn die Buben lustig um mich herumschwimmen.“ Von Speyer aus erließ der Kronprinz noch am 30. Juli an die Truppen seiner in drei Heeresabteilungen unmittelbar an der feindlichen Grenze aufgestellten Armee die nachfolgende Ansprache: „Soldaten der III. Armee! Von meinem königlichen Vater zum Oberbefehlshaber der III. Armee ernannt, entbiete ich den von heute ab unter meinen Befehl gestellten königlich preußischen, bayrischen, württembergischen und großherzoglich badischen Truppen meinen Gruß. Es erfüllt mich mit Stolz und Freude, an der Spitze der aus allen Gauen des gemeinsamen deutschen Vaterlandes vereinten Söhne für die nationale Sache, für deutsches Recht, für deutsche Ehre gegen den Feind zu ziehn. Wir gehen einem großen und schweren Kampfe entgegen, aber in dem Bewußtsein unseres guten Rechtes und im Vertrauen auf eure Tapferkeit, Ausdauer und Mannszucht ist uns der siegreiche Ausgang gewiß. So wollen wir denn aushalten in treuer Waffenbrüderschaft, um mit Gottes Hilfe unsre Fahnen zu neuen Siegen zu entfalten für des geeinigten Vaterlandes Ruhm und Frieden. Friedrich Wilhelm, Kronprinz von Preußen.“ …“

Prinz Eugen von Savoyen, unser edler Ritter

Der Geburtstag unseres Prinzen Eugens wird heute gefeiert. Geboren wurde unser edler Ritter 1663 in Paris und 1683 erfolgte sein Eintritt in unser kaiserliches Heer. Unter unserem Herzog Karl von Lothringen zeichnete er sich derart aus, daß er schon 1697 als Feldherr den Türken bei Zenta gegenübertreten dürfte. Sein Sieg bei Zenta war der Beginn einer wahren Siegeslaufbahn – Luzzara (1702), Höchstädt (1704), Turin (1706), Oudenarde (1708), Malplaquet (1709), Peterwardein (1716) und Belgrad (1717). Im Wesentlichen verdanken wir Deutschen die Abwehr des gallisch-türkischen Doppelangriff im späten XVII. und frühen XVIII. Jahrhundert. So hold unserem Prinz Eugen auch die Kriegsgöttin Pallas Athene in allen seinen Schlachten gewesen ist, bei Malplaquet aber war sie ihm einmal abholt. Denn an sich schien alles für einen weiteren Sieg unseres Prinzen Eugens vorbereitet: mit 110,000 Mann zu 95,000 Galliern war er diesen sogar einmal überlegen – bei Turin und Höchstädt war er seinen Feinden zum Teil recht deutlich unterlegen (gar nicht zu Reden von der regelmäßigen Übermacht der Türken). Beim Angriff ging dann aber einiges schief und die Gallier konnten lange nicht aus ihren Stellungen verdrängt werden. Am Ende mußten sie dann zwar trotzdem weichen, aber unser Prinz Eugen hatte den doppelten Verlust erlitten und dadurch war sein Heer so geschwächt, daß er seinen Sieg nicht wie gewohnt ausnützen konnte. Nun ja, auch unser Eugen kann nicht immer ein Meisterstück anliefern, zumal er mit den Engländern und Holländern zwei Verbündete mit dabei hatte (und ich mich da frage, ob ich nicht doch in Afrika mit den Italienern ganz gut dran gewesen bin). Der alte Delbrück hat die Schlacht von Malplaquet etwas durchleuchtet: http://www.zeno.org/Geschichte/M/Delbr%C3%BCck,+Hans/Geschichte+der+Kriegskunst/4.+Teil.+Die+Neuzeit/3.+Buch.+Die+Epoche+der+stehenden+Heere/5.+Kapitel.+Strategische+Skizzen+und+einzelne+Schlachten/Die+Schlacht+bei+Malplaquet

„Lille war eine Grenzstadt, die erst seit vierzig Jahren zu Frankreich gehörte. Nach ihrem Verlust aber fühlte Frankreich sich so erschöpft, daß Ludwig nicht nur auf das eigentliche Objekt des Kampfes, die spanische Großmonarchie für seinen Enkel, sondern sogar auf das Elsaß verzichten wollte. Aber die Alliierten verlangten so Ehrenrühriges von ihm, daß er sich entschloß, weiter zu kämpfen, und ein noch stärkeres Heer als im Vorjahr ins Feld stellte. Die strategische Aufgabe für dieses Heer konnte keine andere sein, als defensiv den Krieg hinzuhalten, und die Alliierten ihrerseits setzten sich auch nichts weiter vor, als, wie im vorigen Jahr Lille, so in diese andere Grenzfestungen zu nehmen. Sie eroberten erst Tournay und wandten sich dann gegen Mons, die beide, zu Belgien gehörig, noch im Besitze Ludwigs waren. Der Marschall Villars, der den Oberbefehl über die Franzosen übernommen hatte, hatte den Fall von Tournay nicht hindern können; als nun die Alliierten sich gegen Mons wandten, kam er schleunigst anmarschiert und hätte die Möglichkeit gehabt, Marlborough anzugreifen, während Eugen, auf der anderen Seite der Festung stehend, zu entfernt war, um unmittelbar zu helfen. Aber Villars wußte natürlich nicht so genau, wie es drüben stand; Marlborough hatte die Kühnheit, ihm sogar noch ein Stück entgegenzurücken: sollte das letzte Heer Frankreichs aufs Spiel gesetzt werden? Das wäre ganz gegen den Sinn und die Absichten des Königs gewesen. Villars also begnügte sich, bei dem Dorfe Malplaquet eine Stellung zu besetzen, die der Festung so nahe war, daß die Alliierten ihn erst von da fortschlagen mußten, um die Belagerung durchzuführen. Die Stellung, von Natur allerdings nicht sehr günstig, wurde schleunigst befestigt und die Alliierten ließen den Franzosen dazu zwei ganze Tage Zeit, um erst alle verfügbaren Kräfte zur Entscheidung heranzuziehen. Sie hatten auch schließlich eine Überlegenheit von etwa 110,000 gegen 95,000 Franzosen. Die Schlacht wurde als Flügelschlacht angelegt; mit gewaltiger Überlegenheit sollte der linke Flügel der Franzosen angegriffen und umfaßt werden, während von dem Zentrum und dem rechten Flügel mit schwächeren Kräften ein hinhaltendes Gefecht geführt wurde. Am Nachmittag des vorhergehenden Tages sollen nach einigen Berichten mehrere Generale, dar unter der Kronprinz von Preußen (Friedrich Wilhelm I.) ein Gespräch mit französischen Generaln angeknüpft haben, das über eine Stunde währte und ihnen Gelegenheit gegeben haben soll, die feindlichen Befestigungen auszuspähen. Daß sie dabei etwas Wichtiges gesehen haben, ist kaum anzunehmen, aber die Zusammenkunft und das Gespräch selbst angesicht der zur Schlacht aufmarschierenden Heere ist charakteristisch für den soldatischen Geist der Epoche: der Krieg und die Schlachten sind ihnen eine Art potenzierter Turniere. Der Schlachtgedanke hat nicht durchgeführt werden können. Die französische Stellung war eine drei Kilometer breite Lücke zwischen zwei Wäldern. Wälder vor der Front oder auf den Flanken behindern zwar den Angreifenden im Anmarsch, verbergen ihn aber auch. Die Alliierten hatten durch den nordwestlichen Wald eine große Umgehungskolonne angesetzt, die aber als solche nicht zur Wirksamkeit gelangt ist. Es scheint, daß sie sich im Walde verirrt hat und nur zum Schluß noch als Verstärkung dieses Flügels wirkte. So vermochte der Angriff auf diesem, dem linken Flügel der Franzosen gegen die sehr starken Befestigungen, die diese aufgeworfen hatten, nicht durchzudringen, und als der Kommandierende des linken Flügels der Alliierten, der Erbprinz von Oranien, sich hinreißen ließ, statt des hinhaltenden Gefechts, das er führen sollte, mit seinen geringen Kräften einen scharfen Angriff zu machen, da wurde er derart zurückgeschlagen, daß es nur in der Hand der Franzosen gelegen hätte, ihn mit einem Gegenstoß völlig über den Haufen zu werfen. Aber dieselben Befestigungen, die die Verteidigung so vorteilhaft gestaltet hatten, behinderten das Vorrücken zum Angriff und der tapfere Marschall Boufflers, der hier kommandierte, fand zu einer derartigen Offensive aus der rein defensiv gedachten Schlacht heraus nicht den Entschluß. So ist es den Alliierten schließlich doch noch gelungen, die Franzosen allmählich zurückzudrücken, so daß sie endlich das Schlachtfeld räumten. Aber nicht weniger als 30,000 Tote und Verwundete hatte das fortwährende Anstürmen gegen die Verschanzungen den Alliierten gekostet, und nicht weiter als eine Meile vom Schlachtfelde gingen die Franzosen, die nicht mehr als etwa 12,000 Mann verloren hatten, zurück und bezogen eine neue Stellung. Die Belagerung und den schließlichen Verlust von Mons konnten sie nicht mehr verhindern, aber mit diesem Verlust hatten sie den Krieg ein ganzes Jahr weiter hingehalten und standen an seinem Schluß besser als am Anfang. Malplaquet war taktisch ein unzweifelhafter Sieg der Alliierten; strategisch aber waren, wie meiner Meinung nach mit Recht gesagt worden ist, wenn man auf den Feldzug im ganzen blickt, die Franzosen Sieger geblieben. Das ist ein innerer Widerspruch, aber das Leben ist widerspruchsvoll überhaupt und die Ermattungsstrategie noch besonders…“

Die Doppelschlacht bei Wjasma und Brjansk

Die gewaltige Doppelschlacht von Wjasma und Brjansk ging heute zu Ende. Ein Monat Kampf und 1200 zerstörte russische Panzer und 5400 ausgeschaltete Geschütze sowie 663,000 Gefangene. Einen großen deutschen Sieg haben unser unser Feldmarschall Fedor von Bock und seine Mitstreiter – darunter auch unser Panzerheinz Guderian und unser Generaloberst Hoth – da erfochten. Um die 73 Divisionen und 7 Panzerverbände hat diese Schlacht den Russen gekostet. Wahrhaft ein Grund zum feiern also – vorzugsweise mit unserem Panzergetränk Met, zur Not tun es aber auch Wein, Bier oder Schnaps. Auch der Doppelschlacht von Wjasma und Brjansk gedenken wir nicht nur aus Gründen des Heldengedenkens und der Geschichtspflege. Sondern auch um uns der Geschichte im Sinne Nietzsches zu bedienen. Was es damit auf sich hat, erzählt uns der Philosoph am Besten selbst:

„Die Geschichte gehört vor Allem dem Tätigen und Mächtigen, dem, der einen großen Kampf kämpft, der Vorbilder, Lehrer, Tröster braucht und sie unter seinen Genossen und in der Gegenwart nicht zu finden vermag. So gehörte sie Schillern: denn unsere Zeit ist so schlecht, sagte Goethe, daß dem Dichter im umgebenden menschlichen Leben keine brauchbare Natur mehr begegnet. Mit der Rücksicht auf den Tätigen nennt zum Beispiel Polybios die politische Historie die rechte Vorbereitung zur Regierung eines Staates und die vorzüglichste Lehrmeisterin, als welche durch die Erinnerung an die Unfälle Anderer uns ermahne, die Abwechselungen des Glückes standhaft zu ertragen.“

Gegenwärtig stehen zwar die Russen eher nicht auf der Matte, aber wissen tut man das ja nie. Es könnte nämlich durchaus sein, daß – im Falle einer Schilderhebung gegen die amerikanische Fremdherrschaft – nicht nur die Polen gegen die Oder anrennen (weshalb ja auch der Operationsplan Tannenberg erstellt worden ist)… In seinen Panzeroperationen widmet sich unser Generaloberst Hoth nun der Frage, ob der Angriff auf Moskau im Jahre 1941 erfolgversprechend war:

„Wir brechen hier die Schilderung der Operationen ab. Die Wiederaufnahme und das Scheitern des Angriffs auf Moskau ist von anderer Seite eingehend und kritisch besprochen worden. Aber es sei gestattet, zu einer Frage Stellung zu nehmen, die sich abschließend auf drängt. War die deutsche Führung berechtigt, nach dem Abschluß der Schlachten von Brjansk und Wjasma Mitte Oktober die Operationen zur Einschließung von Moskau mit Aussicht auf Erfolg fortzusetzen? Wir müssen die Frage verneinen. Nach den Erfahrungen der letzten Wochen war in der jetzigen Jahreszeit mit zunehmender Verschlechterung der Wege zu rechnen. Das machte schnelle Operationen nicht mehr möglich. Aber auf schnelle Operationen kam es an, damit der Gegner sich von seiner schweren Niederlage nicht erholen konnte. Schnelles Handeln war auch deswegen geboten, weil die Operationen nicht bis in den nahe bevorstehenden Winter fortgeführt werden durften. Denn für einen Winterfeldzug war zwar durch Bereitstellung von warmer Kleidung, Decken, Frostschutzmitteln, Öfen vorgesorgt, aber diese Dinge befanden sich noch nicht bei der Truppe, und die Nachschublage wurde immer schwieriger, je weiter man sich von den Eisenbahnendpunkten entfernte und auf Landwege angewiesen war. Aber auch abgesehen von den Schwierigkeiten der Jahreszeit war die militärische Lage doch nicht so günstig, wie es den Anschein hatte. Die Panzergruppe II war infolge ihrer Teilnahme an der weitausholenden Schlacht von Kiew und fehlender Instandsetzungsmöglichkeit am Ende ihrer Kraft. Es war fraglich, ob sie ihr nächstes Ziel Tula erreichen würde. Bei weiterem Vorgehen bis Gorki (400 Kilometer östlich Moskau) fehlte ihr jeder Flankenschutz. Die Panzergruppen III und IV, die Moskau von Norden einschließen sollten, mußten zunächst den Moskwa-Wolga-Kanal und das Wolga-Staubecken südöstlich Kalinin überwinden. Die Panzergruppe IV war bei Moshaisk auf die ersten, aus dem Fernen Osten heranrollenden Verstärkungen gestoßen. Die Panzergruppe III, die infolge Betriebsstoffmangels weit auseinandergezogen zwischen Wjasma und Kalinin festlag, wurde in Kalinin in schwere Kämpfe verwickelt und litt bereits jetzt an Munitionsmangel. In ihrer tiefen Flanke standen hinter der Wolga nordwestlich Rshew ungeschlagene starke Feindkräfte. So waren die Aussichten, Moskau auf beiden Seiten einzuschließen, doch sehr gering. Clausewitz spottet mit Recht über die besserwissenden Kritiker die einen Feldherrn nach Erfolg oder Mißerfolg beurteilen und die Napoleon I. getadelt hätten, wenn er nach seinem Sieg von Borodino Anfang September 1812 auf eine Ausnutzung des Sieges verzichtet hätte. Sie hätten gerufen: „Die feindliche Hauptstadt, das entblößte, zum Fall bereite Moskau hat er zu nehmen zaghaft versäumt und dadurch den Kern bestehen lassen, um den sich neuer Widerstand sammeln konnte.“ Traf dieser Tadel auch 1941 auf die deutsche Führung zu, wenn sie auf Weiterführung des Angriffs gegen Moskau verzichtet hätte? Sicher nicht. Es war nicht Anfang September, sondern sechs Wochen später. als man vor demselben Entschluß wie Napoleon stand. Es handelte sich auch nicht um die kurze Verfolgung einer geschlagenen Armee, die einer nochmaligen Schlachtentscheidung ausweichen wollte, sondern um den letzten, schweren Kampf mit einem Gegner, der entschlossen war, die historische Hauptstadt des Landes mit allen Mitteln zu verteidigen. Man mußte den Mut haben, sich einzugestehen, daß es nicht gelungen war, die latente Bedrohung des Stoßes auf Moskau im Norden zu beseitigen, daß die Verlegung des Schwerpunktes nach Süden im September einen Zeitverlust von mindestens einem Monat verursacht hatte, und daß die Kräfte für eine doppelseitige Umfassung nicht ausreichten. Damit war freilich das Eingeständnis verbunden, daß Hitlers Absicht, Rußland in einem Jahr niederzuringen, sich nicht hatte verwirklichen lassen. Diese Erkenntnis war nicht überraschend. Das Stehenbleiben auf der Wasserscheide von Wolga, Don, Dnjepr und Düna vor Einbruch des Winters wäre als weise Selbstbeschränkung leichter zu erklären gewesen als eine Niederlage vor den Toren Moskaus. Eine solche mußte das Selbstbewußtsein der Roten Armee wiederherstellen, das Nationalgefühl der Russen mächtig anfachen und das Vertrauen in die Macht des Diktators gewaltig stärken – alles Faktoren, die nicht geeignet waren, den Gegner friedensbereit zu machen. Doch diese Andeutungen fallen in das politisch-strategische Gebiet, dessen Untersuchung wir nicht zu unserer Aufgabe gemacht haben…“

Emanuel Geibel

Den Geburtstag von unserem großen deutschen Dichter Emanuel Geibel feiern wir Deutschen heute. In Lübeck erblickte er 1815 das Licht der Welt und vermehrte unsere deutsche Dichtkunst um zahlreiche Gedichte und einige Bühnenstücke. Nach seinem Studium der Denkerei, Gotteslehre und der Altsprachen in Bonn war es ihm vergönnt – dank der Förderung durch den Berliner und Münchner Hof – als freischaffender Dichter tätig zu sein. Im Jahre 1852 heiratete er Amanda Trummer. Folgende Gedichtbände gibt es von ihm zu finden: „Zeitstimmen“, „Ein Ruf von der Trave“, „König Sigurds Brautfahrt“, „Zwölf Sonette für Schleswig-Holstein“, „Juniuslieder“, „Die Loreley“, „Die Goldgräber“, „Heroldsrufe“ und „Spätherbstblätter“. Seine Bühnenstücke nennen sich „König Roderich“, „Meister Andrea“, „Brunhild“ und „Sophonisbe“. Mit ihren Werken werden unsere deutschen Dichter immer noch am Besten gefeiert. Ich steure das Gedicht „Das Lied vom Reiche“ zu unserer heutigen Geburtstagsfeier für unseren Emanuel Geibel bei: http://www.zeno.org/Literatur/M/Geibel,+Emanuel/Gedichte

„Frisch auf und unverdrossen,

Wie grimm die Welt auch tut!

Die zwei sind dir Genossen,

Dein Gott und deutscher Mut.

Ob’s Herz schier bricht,

Verzage nicht,

Die Zähne beiß zusammen!

Es fügt sich doch,

Wofür so hoch

Die besten Herzen flammen.

Nicht knechtisch Wohlbehagen,

Noch blutig Gaukelspiel

Aus welscher Gleichheit Tagen

Ist unsres Volkes Ziel.

Doch birgt sein Herz

Nicht mehr den Schmerz

Um die zerborstne Eiche,

Doch wächst das Wort

Allmächtig fort,

Das Wort vom deutschen Reiche.

Wohl hält der alte Drache

Vielköpf’ger Eifersucht

Am Baum des Lebens Wache

Und weigert uns die Frucht.

Doch, wie er faucht

Und Flammen haucht,

Laß dich nicht mit zerspalten!

Getrost im Graus,

Mein Volk, halt aus!

Gott wird der Hoffnung walten.

Der Treue kann’s nicht fehlen,

Beharren bringt Gedeihn;

Was reif ward in den Seelen,

Das schafft sich Fleisch und Bein.

Es wird die Not

Ihr laut Gebot

Im Schlachtendonner sprechen;

Und kommt’s nicht jetzt,

So kommt’s zuletzt

Mit Biegen oder Brechen.

Das ist die einz’ge Sühne

Das ist des Liedes Schluß,

Das ist der Lenz, der grüne,

Der endlich werden muß:

Voll Macht und Ruhm

Das Kaisertum,

Dem freien Volk zum Frommen.

Drum, wie’s auch tost,

Herz, sei getrost!

Das Reich wird dennoch kommen.“

Die sechs Kurlandschlachten

Taktisch waren die sechs Kurlandschlachten wohl Meisterleistungen, strategisch und operativ aber eine Katastrophe. Denn unsere Heeresgruppe Nord hätte umgehend aus dem Baltikum zurückgenommen werden müssen, um die Lücke zu stopfen, welche die Vernichtung unserer Heeresgruppe Mitte im Sommer 1944 in unsere Ostfront gerissen hatten. Die Engländer und Amerikaner würden diesen Fehler unserer Obersten Führung voll verwertet haben. Man denke hier an unsere Küstenfestungen in Gallien, welche bis Kriegsende nicht eingenommen worden sind. Doch nicht so die Russen. Anstatt unsere Heeresgruppe Nord in Kurland zu blockieren, rannten diese in sechs großen Schlachten gegen diese mit gewaltigen Truppenmassen an und erlitten gewaltige Verluste. Die Russen freilich behaupten, daß sie diese Angriffe auf unsere Truppen in Kurland nur unternommen hätten, um die Verlegung unserer Truppen in den Westen zu verhindern. Aber wer den Verlauf des Sechsjährigen Krieges kennt, der weiß das eben dies nicht zu befürchten war. Weder in Stalingrad, Afrika oder auf der Krim hatte der Autobahnbauer unsere Truppen zurückgenommen. Die Russen kosteten die sechs Kurlandschlachten 400,000 Mann, 2650 Panzer und 720 Flugzeuge. Geführt haben unsere Heeresgruppe Nord, die später den Namen Kurland erhielt nacheinander unser Feldmarschall Ferdinand Schörner und unsere Generalobersten Heinrich von Vietinghoff, Lothar Rendulic und Carl Hilpert. Von den letzten Kriegstagen lese ich euch bei unserem Panzergeschichtsschreiber Werner Haupt („Das war Kurland“) nun vor:

„Um die Frontlinie zu straffen, wurden letzte Stellungen begradigt. Gegen Ende April standen oft nur noch zwei Soldaten in einem 100 Meter breiten Abschnitt. Zu einer Siebten Kurlandschlacht sollte es allerdings nicht mehr kommen. Es hielt sich hartnäckig die Hoffnung, dass die Heeresgruppe doch noch aus Kurland herauskommen könnte. Einiges sprach dafür: Stellungen wurden zurück genommen, Lager wurden eingerichtet, in denen nicht unbedingt benötigtes Material gelagert wurde, schwer Bewegliches wurde zur Sprengung vorbereitet. Bataillone, Panzerjäger- und Artillerie-Abteilungen wurden aufgelöst. Die Kampfkraft der Regimenter war derart gering, dass nochmals Trosse und Stäbe nach Soldaten durchforstet wurden. Nur die Soldaten, die wirklich nicht mehr felddienstfähig waren, konnten bei den rückwärtigen Einheiten verbleiben. Die XIV. Panzerdivision erhielt den Befehl sich für den Abmarsch in die Heimat bereit zu halten. Der gleiche Befehl ging auch an die XI. und CXXVI. Infanteriedivision. In voller Ordnung setzten sich die drei genannten Divisionen befehlsgemäß in Richtung Küste ab. Um als bewegliche Reserve der Heeresgruppe jederzeit und überall einsatzbereit zu sein, wurde die XII. Panzerdivision aus der Frontlinie abgezogen. Der letzte Oberbefehlshaber der Wehrmacht, Großadmiral Dönitz, forderte am 3. Mai per Funkspruch die Heeresgruppe Kurland auf, sich der veränderten Lage im Reich anzupassen. Dies hatte zur Folge, dass zahlreiche Truppenteile aus Kurland – wie auch aus den ost- und westpreußischen Räumen – schnellstmöglich zum Abtransport bereitgestellt werden mussten. Die Verladung der abzuziehenden Truppen war nur mit leichten Infanteriewaffen vorgesehen. Das übrige Material sollte zurückgelassen und vernichtet werden. Die Heeresgruppe erhielt die Operationsfreiheit, die Hauptkampflinie in vorgeschobene Brückenköpfe um die Hafenstädte Liepaja (Libau) und Ventspils (Windau) zurückzuführen. Der Befehl zur Rücknahme der Heeresgruppe Kurland konnte allerdings von Generaloberst Hilpert nicht mehr erteilt werden, da es schlicht und ergreifend am nötigen Transportraum zur Durchführung dieses Unternehmens mangelte. Es ergingen lediglich die Anordnungen, dass sich die XVII. Armee auf die Vartaja-Stellung und die XVI. Armee sich über Tukums in Richtung Norden zurückziehen sollten. Die Grenadierregimenter CLXXXIX und CLXXIV (LXXXI. Infanteriedivision) waren die letzten Einheiten, die auf diesem Wege durch Tukums zogen. Nachrichten, dass die Wehrmacht mit der britischen Armee in Westdeutschland einen Waffenstillstand geschlossen hätte, erreichten natürlich auch die Soldaten in Kurland. Trotzdem erging unter anderem der Befehl: „… Der Krieg im Osten geht weiter! Offiziere und Mannschaften müssen ihre Zuversicht bewahren!“ Nur kleine Schiffe der IX. Marinesicherungsdivision verluden bereits zu dieser Zeit Mensch und Material. Total überfüllt fuhren sie nach Westen. In der Nacht auf den 7. Mai stießen die letzten einsatzfähigen Boote der V. Schnellbootflottille auf sowjetische Schnellboote. Ein weiterer Funkspruch des Großadmirals Dönitz traf am Morgen des 8. Mai ein. Dieser besagte, dass infolge der Kapitulation sämtliche Sicherungs- und Seestreitkräfte, sowie alle Handelsschiffe Hela und Kurland bis zum 9. Mai 0.00 Uhr zu verlassen hätten. Nur wenige Stunden später kam der nächste Funkspruch mit der Mitteilung, dass das Oberkommando der Wehrmacht die Gesamtkapitulation unterschrieben hatte. Für die Heeresgruppe Kurland bedeutete dies, dass bis zum 9. Mai, 1.00 Uhr alle Anstrengungen unternommen werden mussten, um den Abtransport über See zu gewährleisten. Bis zu genau diesem Zeitpunkt mussten alle Schiffe ausgelaufen sein. Über die Funkstellen des Heeresgruppenkommandos ließ Generaloberst Hilpert Kontakt zum Oberbefehlshaber der sowjetischen Truppen in Kurland aufnehmen, um diesem die Kapitulation anzubieten. Nachdem dessen Zustimmung eingetroffen war, wurden die verbliebenen Kurland-Divisionen darüber unterrichtet. Die vereinbarte Waffenruhe sollte am 8. Mai um 14.00 Uhr beginnen. Der Oberbefehlshaber des Luftwaffenkommandos Kurland setzte sich kurz darauf mit seinen kommandierenden Offizieren in Verbindung und veranlasste die Überführung der fliegenden Teile ins Reich. Als Zielflughafen wurde Flensburg festgelegt. Aus Norwegen kommende Transportmaschinen sollten ab dem Morgengrauen das Bodenpersonal abholen. Zurückbleibendes Material war zu vernichten. Die Dienststellen der Kriegsmarine wurden sofort vom Seekommandant Lettland mit dem Hinweis alarmiert, dass mit dem Abtransport eines möglichst großen Teiles der Heeresgruppe nach Westen zu rechnen sei. Alle zur Verfügung stehenden Fahrzeuge sollten hierzu verwendet werden. Dieser Abmarsch musste bis zum 9. Mai 0.00 Uhr durchgeführt sein. Alle erforderlichen Anordnungen wurden in der Kürze der Zeit getroffen. Am späten Abend des 7. Mai fand eine Besprechung der Flottillenchefs statt, in der die genauen Beladungszahlen für die einzelnen Schiffe festgelegt wurden. Gemäß ihren Befehlen blieben die Divisionen in ihren Stellungen, während im Hintergrund die Vorbereitungen für einen begrenzten Abtransport der Heeresgruppe liefen. Am Morgen des 8. Mai gliederten sich die Korps und Divisionen wie folgt: Die XVIII. Armee am rechten Flügel: Südlich von Liepaja: X. Armeekorps (CXXXII. und XXX. Infanteriedivision, sowie Teile CXXVI. Infanteriedivision) Südwestlich Durbe: I. Armeekorps (LXXXVII. und CCXXV. Infanteriedivision) Südwestlich Skrunda bis zur Venta (Windau): II. Armeekorps (DLXIII. und CCLXIII. Infanteriedivision) Die XVI. Armee am linken Flügel: Beiderseits Saldus: XXXVIII. Armeekorps (CXXII.; CCXC. und CCCXXIX. Infanteriedivision) Nordostwärts Saldus: L. Armeekorps (XXIV. und CCXVIII. Infanteriedivision) Südwestlich Tukums: VI. SS-Armeekorps (CCX. Infanteriedivision und XIX. lettische SS-Grenandierdivision) Nördlich Tukums bis zum Meer: XVI. Armeekorps (LXXXI. Infanteriedivision; Division zur besonderen Verfügung CCC; XXI. Luftwaffenfelddivision) Als einzige Reserve stand der Heeresgruppe die XII. Panzerdivision nördlich von Saldus zur Verfügung. Die XI. und Teile der CXXVI. Infanteriedivision, sowie die XIV. Panzerdivision befanden sich bereits auf dem Weg Richtung Liepaja…“